Sterbehilfe als Aspekt der Selbstbestimmung
Sterbehilfe ist ein Thema, das viele Fragen aufwirft – juristisch, ethisch, medizinisch und persönlich. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2020 hat das Recht auf selbstbestimmtes Sterben gestärkt und dabei neue rechtliche und gesellschaftliche Debatten angestoßen. Doch wie wird dieses Urteil in der Praxis umgesetzt, und welche Herausforderungen ergeben sich daraus?
Ein Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen zeigt die Spannungsfelder, in denen sich die Diskussion bewegt. Ein internationaler Vergleich beleuchtet, wie unterschiedlich Sterbehilfe in anderen Ländern geregelt ist, und regt zur Auseinandersetzung mit alternativen Ansätzen an. Ethische Perspektiven werfen die Frage auf, wie individuelle Freiheit und gesellschaftliche Verantwortung in Einklang gebracht werden können, während medizinische Überlegungen die Rolle von Ärztinnen und Ärzte und die Auswirkungen auf den Alltag in der Praxis thematisieren.
Sterbehilfe ist mehr als ein juristisches Thema – es berührt zentrale Fragen von Würde, Freiheit und Verantwortung. Der Themenkreis bietet die Möglichkeit, verschiedene Perspektiven zu betrachten, zentrale Kontroversen zu verstehen und die eigenen Standpunkte kritisch zu hinterfragen.
Die diesjährigen Referenten
Prof. Dr. Theo A. Boer

Er studierte Theologie und Ethik in Utrecht und Uppsala und absolvierte sein Lehrvikariat in Chemnitz. Von 1987 bis 2001 arbeitete er am Zentrum für Bioethik und Gesundheitsrecht der Universität Utrecht. Seit 2001 ist er Dozent für Theologische Ethik und Professor für Ethik des Gesundheitswesens an der Protestantischen Theologischen Universität in Utrecht und Groningen. Von 2005 bis 2014 war er Mitglied einer Kontrollkommission für aktive Sterbehilfe und begutachtete 4000 Meldungen für die niederländische Regierung. Heute ist er Mitglied im Niederländischen Gesundheitsrat.
Prof. Dr. phil. Claudia Bozzaro

Seit September 2024 ist sie Professorin für Medizinethik und Leiterin des Instituts für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin an der Universitaet Münster. Sie studierte Philosophie und Kunstgeschichte in Freiburg und Paris, promovierte in Philosophie und war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ethik und Geschichte der Medizin in Freiburg. 2020 habilitierte sie mit einer Arbeit zum normativen Stellenwert des Leidens. Anschließend folgte sie einem Ruf für Medizinethik an die Universität zu Kiel. Ihre Forschung behandelt ethische Fragen zu Lebensanfang und -ende, Präzisionsmedizin und Gerechtigkeit im Gesundheitswesen.
Prof. Dr. jur. Frank Saliger

Der deutsche Rechtswissenschaftler ist auf Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Rechtsphilosophie spezialisiert. Nach seinem Studium an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main promovierte er 1999 und habilitierte 2003. Von 2005 bis 2014 war er Professor an der Bucerius Law School in Hamburg, anschließend an der Universität Tübingen. Seit 2016 lehrt er an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Neben seiner akademischen Tätigkeit ist er als Of Counsel bei Ufer/Scharf Rechtsanwälte tätig und Vorsitzender des Verwaltungsrats der Gustav-Radbruch-Stiftung.
Privatdozent Dr. med. Johann Friedrich Spittler

Privatdozent Dr. med. Johann Friedrich Spittler ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Er war langjährig leitender Oberarzt an einer neurologischen Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum und später psychiatrischer Gutachter für Sozialgerichte bis 2012. Seit 2002 ist er als Gutachter zur Einwilligungskompetenz bei Suizidfällen tätig. Spittler ist Mitglied mehrerer Fachgesellschaften, u.a. der DGPPN, der DGHS und der Akademie für Ethik in der Medizin. 2015 klagte er erfolgreich gegen § 217 StGB vor dem Bundesverfassungsgericht. 2019 wurde er im „Hamburger Verfahren“ freigesprochen. Derzeit laufen Verfahren zur Frage der Freiverantwortlichkeit bei psychischen Störungen vor dem LG Essen und BGH.